Donnerstag, 4. Dezember 2008

Regen am Kaspischen Meer - Gina Nahai

Um was gehts? Bahar, ein 16jähriges Mädchen aus einem armen jüdischen Elternhaus in Teheran, zwingt auf ihrem Weg zur Schule den Chauffeur einer schicken Limousine zur Vollbremsung. Auf der Rückbank sitzt Omid, der gerade von seiner standesgemäßen Verlobten sitzengelassen wurde. Als er nun Bahar sieht, die so unkompliziert und unbekümmert wirkt, weiß er: Dieses Mädchen wird seine Frau werden! Gegen den Widerstand seiner Eltern, die auf Bahar und ihre Familie herabsehen, heiraten die beiden, und Bahar kann ihr Glück zunächst kaum fassen: Sie ist endlich der Armut und der Hoffnungslosigkeit ihres Elternhauses entkommen, und nun träumt sie von einer gleichberechtigten, glücklichen und vor allem sorglosen Partnerschaft. Doch Omid hat andere Pläne: Bahar soll zu Hause bleiben, ihm einen Sohn schenken und ihn als repräsentative Ehefrau auf Partys begleiten. Zunächst widersetzt sich Bahar ihm: Sie möchte studieren und Lehrerin werden, und in den gehobenen Kreisen, in denen sich ihr Mann bewegt, fällt sie unweigerlich als das arme Mädchen auf, die keine Manieren gelernt hat und wird dadurch von den anderen Frauen geschnitten. Bahar und Omid entfremden sich zunehmend, zumal Omid bald nach der Hochzeit eine Geliebte hat, mit der er sich auch öffentlich zeigt. Auch die Hoffnung auf Besserung, als Tochter Yaas auf die Welt kommt (die gleichzeitig die Ich-Erzählerin ist), wird schließlich enttäuscht...
Fazit: Auf den ersten Seiten könnte man "Regen am Kaspischen Meer" für einen schönen, wenig anspruchsvollen Frauenschicksals-Schmöker halten: Es entwickelt sich die klassische Geschichte des armen Mädchens, das ihren reichen Märchenprinz heiratet und nach einigen Hindernissen mit ihm glücklich und zufrieden lebt. Doch als klar wird, dass alle Hoffnungen Bahars enttäuscht werden, ändert sich auch der Stil des Buches: Die Handlung wird gerafft, es werden Zeitsprünge von teilweise einigen Jahren gemacht, was allzu deutlich die Hoffnungs- und Trostlosigkeit in der Familie unterstreicht. Hoffnungen, Wünsche und Träume sind ein immer wiederkehrendes Motiv, meist in der Form, dass sie enttäuscht werden. Das Buch ist voll von Figuren, die immer wieder scheitern, manche geben die Hoffnung trotzdem nie auf - und wirken dadurch schon fast lächerlich - manche finden sich irgendwie mit dem Leben am Rande der Gesellschaft ab oder resignieren ganz einfach. Und natürlich klagt dieses Buch die uralten Traditionen und Rollenvorstellungen an, die nahezu alle Charaktere letzten Endes unglücklich machen.
Etwas irreführend war allerdings, dass auf dem Klappentext auf die politische Lage - Stichwort islamische Revolution - eingegangen wird, die jedoch im Buch selbst nur auf einer Seite erwähnt wird. Was den Menschen ihr Leben hier zur Hölle macht, sind weniger die politischen Umstände, wie man denken könnte, sondern die gesellschaftlichen Traditionen und Zwänge.
Trotz der düsteren Stimmung hat mir das Buch aber gut gefallen.

Originaltitel: Caspian Rain, 317 Seiten, marebuchverlag, €19,90.

1 Kommentar:

Gabi hat gesagt…

Ich finde auch, ein Roman, der Hoffnung macht und Verständnis vermittelt für die Menschen in einem angeblichen Schurkenstaat: http://www.lesenblog.de/2008/05/09/erinnerungen-an-ein-judisches-teheran/

 
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