Sonntag, 30. November 2008

Im Rausch der Stille - Albert Sánchez Piñol

Hm. Heute hab ich dieses Buch ausgelesen, und irgendwie hat es mich etwas ratlos zurückgelassen. Ich hatte in einer Zeitschrift eine erste Rezension gelesen, die mich nicht so angemacht hat, aber als ich ein bisschen später dann die sehr begeisterte Besprechung hier gefunden habe, hab ich mir das gleich bei Tauschticket angefordert. Aber irgendwie bin ich grade noch unschlüssig, was ich davon halten soll.
Um was gehts?
Der Ich-Erzähler, ein irischer Freiheitskämpfer, bewirbt sich um den Posten eines Wetterbeobachters auf einer sehr, sehr abgelegenen Insel im Südatlantik. Als ihn ein Schiff dort absetzt, findet er als einzigen Menschen nur einen Leuchttumwärter, Batís Caffó vor, der auf ihn zunächst einen wenig geselligen und etwas wunderlichen Eindruck macht. Bereits in der ersten Nacht auf der Insel geschehen seltsame Dinge: Ungeheuer aus dem Meer, halb Menschen, halb Frösche, greifen das Haus an und können nur mit Mühe abgewehrt werden. Auch, weil Caffó auf das Gewehr und die Patronen des Iren angewiesen ist, lässt er ihn schließlich nach einigen Tagen im Leuchtturm wohnen, um nun gemeinsam den Kampf gegen die Ungeheuer aufnehmen zu können. Der Kontakt bleibt aber oberflächlich. Der Ich-Erzähler entbrennt mit der Zeit in nie gekannter Liebe und Leidenschaft zu einer Froschmenschenfrau, die bei Caffó im Leuchtturm lebt, während die Angriffe deren Artgenossen immer heftiger werden...
Fazit: Ich möchte nicht sagen, dass ich das Buch schlecht fand. Es ist gut geschrieben und sehr spannend, aber mit hat sich der tiefere Sinn verborgen: Was will mir der Autor damit sagen? Ich hatte die ganze Zeit und vor allem auf den letzten Seiten dieses Gefühl, dass da irgendeine Bedeutung dahintersteht, aber ich habe es nicht geschafft, wirklich dahinterzusteigen. Ich würde es trotzdem weiterempfehlen, allein aus dem eigennützigen Grund, dass ich dann mit jemandem darüber sprechen und seine Meinung dazu hören könnte...

Originaltitel: "La pell freda", 252 Seiten, Fischer Taschenbuch, €8,95.

Freitag, 21. November 2008

Adrian Mole. The Cappuccino Years - Sue Townsend

Die Adrian Mole-Tagebücher gehören zu meinen absoluten Lieblingsbüchern; die Serie beginnt, als Adrian 13 3/4 Jahre alt ist, in den "Cappuccino Years" ist er 30 1/4. Es gibt u.a. noch einen weiteren Band (Adrian Mole und die Achse des Bösen), und der aktuellste soll dann bald erscheinen. Ich freu mich schon sehr drauf!
Um was gehts? Adrian Mole ist Anfang 30, lebt in Scheidung (und zwischenzeitlich wieder bei seinen Eltern, die aber mit einem befreundeten Paar Partnertausch gemacht haben, also selbst nicht mehr zusammenleben), er hat zwei Söhne (von der Existenz des einen erfährt er aber erst im Laufe des Buchs, da zunächst die Vaterschaft geklärt werden muss) und nur eine wahre Liebe: Pandora, die frischgebackene Labour-Parlamentsabgeordnete, die er schon mit 13 liebte und immer lieben wird (die er aber natürlich nie bekommen wird). Adrian hält sich selbst - im Gegensatz zu seiner restlichen, durch und durch proletarischen Familie - für einen Intellektuellen, er wäre gerne gefeierter Journalist und Autor, hat es aber bisher nur zu Absagen gebracht und schließlich auch seinen Job als Koch in einem etwas, nun ja, eigenartigen Restaurant verloren. Danach ist wird Moderator einer Innereien-Kochsendung, die vormittags im Kabel läuft. Zu alldem kommt noch eine durchgeknallte Verehrerin, die Schwangerschaft seiner Teenie-Schwester und der Tod von Prinzessin Diana, so dass Adrian jede Menge Stoff hat, seine Tagebuchseiten zu füllen.
Fazit: Ach ja, herrlichster britischer Humor! Ich liebe diese Bücher einfach! Adrian stolpert von einer Absurdität zur nächsten, lässt keinen Fettnapf aus und verliert dennoch nicht seinen Glauben an den großen Durchbruch. Dazu gibt es jede Menge überzeichnet-grotesker Charaktere und sehr viel Wortwitz. Zum Verständnis letzterer empfiehlt es sich, ein politisches Grundwissen zu haben, denn häufig gehen die Anspielungen in diese Richtung. Die Familie Mole ist das, was man wohl "dysfunktional" nennt, aber sie wächst einem (vielleicht grade deshalb) sehr schnell ans Herz.

Englischer Verlag: Penguin, deutscher Titel: Die Cappuccino-Jahre: Ein Adrian-Mole Roman, Heyne, €8,95

Sonntag, 16. November 2008

Chronik eines angekündigten Todes - Gabriel García Márquez

War bei uns Schullektüre in Spanisch. Der erste Eindruck (des spanischen Texts): Unverständlich (wer es also auf Spanisch lesen möchte, sollte jedenfalls fortgeschrittene Kenntnisse haben). Also habe ich mir die deutsche Übersetzung gekauft und jetzt nach einiger Zeit auch mal wieder gelesen.
Um was gehts? In einem kleinen Dorf an der kolumbianischen Karibikküste wird eine Hochzeit gefeiert - doch noch in der gleichen Nacht wird die Braut von ihrem Mann wieder in ihr Elternhaus zurückgeschickt, da sie keine Jungfrau mehr war. Ihre Brüder fühlen sich verpflichtet, die Familienehre wiederherzustellen und den "Täter" zu töten. Es wird ein angekündigter Tod insofern, als dass nahezu das gesamte Dorf von diesen Plänen erfährt, nur Santiago Nasar, das Opfer, nicht.
Fazit: Schließlich und endlich gefällt mir dieses Buch doch sehr gut (ist ja bei Schullektüre nicht immer der Fall). Die eigentliche Handlung ist schnell erzählt, doch mit jedem Dorfbewohner, der seine Version von der Geschichte erzählt, und mit jedem Rückblick und Perspektivwechsel gewinnt die Geschichte eine weitere Dimension dazu. Und natürlich stecken hinter alldem Fragen der Moral und der Ehre. Es ist kein Buch, was man mal eben so wegliest, sondern das zum Nachdenken bringt.

Originaltitel: Crónica de una muerte anunciada, 120 Seiten, Kiepenheuer+Witsch, €7,00.

Mittwoch, 12. November 2008

Wer die Kälte liebt - Tilmann Bünz

Ich bin - sozialisiert mit Astrid Lindgren und anderen schwedischen Autoren - heute immer noch Skandinavien-Fan. Angeblich (es soll sogar soziologische Studien über diese Präferenzen geben) findet man den Norden entweder toll oder kann damit nichts anfangen, dafür umso mehr mit Spanien und Italien und wo es sonst noch warm ist. Zu letzter Gruppe gehören meine Eltern, und so habe ich es "erst" im Ohne-Eltern-Verreisen-Alter in den Norden geschafft, zuletzt im vergangenen Sommer. Das letzte Mal ist es auf keinen Fall gewesen!
Bünz war fünf Jahre lang als ARD-Korrespondent in Stockholm und berichtet viel über Schweden, aber auch über andere skandinavische Länder und deren Eigenheiten.
Um was gehts? Einen großen Teil des Buches nimmt die Beschreibung von schwedischen Gewohnheiten und gesellschaftlichen Eigenheiten ein. Dazu kommen Geschichten aus Island, Norwegen sowie den polaren Gebieten Lapplands, Grönlands und Spitzbergens. Einiges hat man bereits gehört, manches ist neu, aber bewusst sollen die "Bullerbü-Klischees", die man als Deutscher gerne von Skandinavien und speziell von Schweden hat, widerlegt werden.
Fazit: Auf jeden Fall eine unterhaltsame Lektüre, für Neulinge, die sich über die nordischen Länder informieren wollen genauso wie für bereits Erfahrene - insofern ist der Titel irreführend, denn wer die beschriebenen Länder bereits kennt, wird vielleicht nur noch wenig Neues erfahren, auf jeden Fall aber das ein oder andere Aha-Erlebnis haben, denn Bünz schreibt auch viel über selbst Erlebtes. Da er mit seiner Familie dort gelebt hat, nimmt Schweden und vor allem die Stockholmer Gegend viel Raum in dem Buch ein. Finnland und Dänemark werden nur am Rande mal erwähnt, und zu Norwegen und Island werden einzelne, schlaglichartige Akzente gesetzt. Das fand ich manchmal ein wenig schade. Aber gibt es trotzdem viel Lustiges, Wissenswertes und Kurioses zu lesen, und man merkt, dass Bünz sehr, sehr gerne in Schweden gelebt hat.

Samstag, 8. November 2008

Lenin kam nur bis Lüdenscheid - Richard David Precht

Ich bin auf dieses Buch eigentlich erst aufmerksam geworden, als vor ein paar Monaten die Verfilmung in die Kinos kam - angeschaut hab ich sie mir nicht, aber mir dann dieses Buch gekauft. Und der Film? Ich schätze, der wird irgendwann auch noch nachkommen.
Um was gehts?
Richard wird 1964 in ein kommunistisches Elternhaus in Westdeutschland hineingeboren. Er hat zwei leibliche und zwei adoptierte Geschwister - letztere wurden von den Eltern unter den Eindrücken des Vietnam-Kriegs nach Deutschland geholt. Für die Kinder müssen Klamotten aus der terre des hommes-Spendenkiste genügen, alles Amerikanische - von TV-Serien über Ketchup bis zur gängigen Musik - ist per se schlecht, dafür ist die DDR das gelobte Land und im Fußball wird Dynamo Kiew angefeuert. Die Precht-Kinder haben keine Tischsitten oder sonstige Manieren, Urlaub wird in Dänemark oder in kommunistischen Pfingstlagern gemacht, und natürlich werden zu Hause anstatt der gerade angesagten Rock- und Popmusik nur linke Liedermachen gehört.
Fazit: Ein schönes, gut zu lesendes Buch, das vor allem durch die vielen lustigen Anekdoten überzeugt. Auch wenn man, wie ich, kein Kind der 70er Jahre ist, hat man doch einen gewissen Wiedererkennungseffekt - zum einen, weil die Geschichte der Familie bis in die frühen 90er nachgezeichnet wird, zum anderen weil man sich selbst an das Typische seiner Kindheit und Jugend erinnert. Darüber hinaus ist das hier eine schöne Zusammenfassung der vorherrschenden Meinungen und der allgemeinen Stimmung in Deutschland damals. Neben ganz privaten Geschehnissen geht es auch immer wieder um die politische Großwetterlage, und immer wieder reflektiert Precht die Meinungen und die Gesinnung der Menschen damals - von dem kleinen Jungen, der alles nachbetet und vor seinen konservativen Lehrern verteidigt, was seine Eltern sagen, entwickelt er sich zu dem Jugendlichen, der doch vieles von damals und die Entwicklungen, die das "Linkssein" gemacht hat, kritisch sieht.

Donnerstag, 6. November 2008

Anmerkungen zu meinen Links

Meine Linktipps stehen bisher arg kommentarlos da, deswegen wollte ich ein paar Worte darüber verlieren, worums da eigentlich geht.

Der ZEIT-Sexblog: Hier geht es, wie der Name schon sagt, um die schönste Nebensache der Welt, man findet auch viele (meistens spaßige) Fundstücke aus dem Netz zum Thema Sex. Aber keine Angst: Hier geht es gesittet zu, es lauern keine versteckten Kosten und
vor Scham erröten muss man auch nicht.
Failblog: Failblog zeigt in Fotos und Videos, was mit Mensch, Tier und Maschine so alles schief gehen kann. Superlustig und offen schadenfroh.
Fudder: Eine Grimmepreis-prämierte Freiburger Community mit lokalen Nachrichten, Partydates und allerlei Reportagen, Galerien und lustigem Kram.
Ich bei Twitter: Mein Twitterfeed. Wer Twitter nicht kennt: www.twitter.com
JuLis Freiburg: Hiermit oute ich mich als Mitglied der Jungen Liberalen, und das ist mein cooler Kreisverband.
Kochfrosch: Der Koch- und Rezepteblog meiner Mehr-oder-weniger-Schwägerin (Verwandtschaftsbezeichnungen sind sowieso überschätzt).
Life goes on in Tehran: Ein sehr schöner Fotoblog eines in den USA aufgewachsenen Iraners, der mittlerweile wieder in Teheran lebt und monatlich Fotos aus seinem Alltag dort postet und kommentiert.

Montag, 3. November 2008

Fräulein Smillas Gespür für Schnee - Peter Høeg

Eigentlich bin ich eine sehr ausdauernde Leserin, sprich: Ich quäle mich meistens auch durch Bücher, die ich nicht so prickelnd finde. Peter Høeg hat es jedoch geschafft, dass ich wirklich mal ein Buch sehr (!) schnell weggelegt habe, das war sein "Plan von der Abschaffung des Dunkel", das fand ich wirklich schrecklich. Aber da ich nun mal "Fräulein Smilla" als Bookcrossing-Buch an der Uni gefunden hatte (lesen wollte ich es sowieso mal, auch wenn ich den Film als eher mittelmäßig in Erinnerung habe), habe ich ihm nun eine zweite Chance gegeben. Und eigentlich bin ich nicht enttäuscht worden.
Um was gehts? Smilla Jaspersen, Tochter einer grönländischen Mutter und eines dänischen Vaters, lebt sehr zurückgezogen in Kopenhagen, sie scheint keiner festen Arbeit nachzugehen, aber dank ihres sehr wohlhabenden Vaters scheint sie auch keine finanzielle Not zu leiden. Ihr einziger Freund, wenn man es so nennen will, ist ein kleiner grönländicher Junge namens Jesaja, der mit seiner alkoholkranken Mutter im selben Haus wohnt. Eines Tages fällt Jesaja jedoch vom Dach in den Tod - ein Unfall beim Spielen, befindet die Polizei und will nicht weiter ermitteln. Smilla bezweifelt diese Theorie jedoch: Jesaja hatte Höhenangst und hätte niemals auf einem so hohen Dach gespielt. Bei der Autopsie wird festgestellt, dass aus Jesajas Oberschenkel nach seinem Tod eine Gewebeprobe entnommen wurde. Wie passt das zusammen? Smilla geht dem auf eigene Faust nach und erkennt bald, dass Jesajas Tod mit der Tatsache zusammenhängen muss, dass sein Vater einige Jahre davor bei einer Grönland-Expedition ums Leben gekommen ist. So tritt der Tod des kleinen Jungen allmählich in einen größeren Zusammenhang, und Smilla erkennt: Die Leute, die damals bei der Expedition dabei waren, scheinen noch ein weiteres Mal nach Grönland reisen zu wollen...
Fazit: Alles in allem kann ich das Buch positiv bewerten, denn es hat Spannung, eine anspruchsvolle Handlung und wohldosierten Witz und Ironie, gemischt mit Gesellschaftskritik. Jedoch zieht sich die Handlung streckenweise
ziemlich, vor allem gegen Ende hin, und die Aufklärung des ganzen Geheimnisses ist vergleichsweise banal. Manchmal hatte ich außerdem Schwierigkeiten, der Handlung komplett zu folgen, Høeg springt von den eigentlichen Geschehnissen über innere Monologe Smillas zu Rückblenden, philosophisch angehauchten Betrachtungen und wieder zurück. Das macht zum einen den Reiz aus, aber ich kann mir gut vorstellen, dass das nicht jedermanns Sache ist. Die Figur Smilla fand ich durchaus sympathisch, gerade weil sie nicht die typische Krimiheldin ist: Sie ist Einzelgängerin und ziemlich verschroben.
Trotz aller Kritik würde ich dieses Buch vor allem denjenigen empfehlen, die auch mal einen etwas anspruchsvolleren Thriller lesen, der nicht extrem nervenaufreibend ist, sondern eher eine subtile Spannung aufrechterhält.
 
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