Sonntag, 28. Dezember 2008

Wir sind der Iran - Nasrin Alavi

Ein Nachteil eines studentischen Haushalts ist ja der meist begrenzte Platz - so auch bei uns, weswegen ich die meisten meiner Bücher noch bei meinen Eltern "zwischenlagere". Da ich gerade noch in den Weihnachtsferien bin, habe ich das ein oder andere Buch gefunden, dass ich entweder demnächst mal wieder lesen möchte und daher nach Freiburg mitnehme (Blogbeiträge darüber folgen dann - irgendwann) oder die ich noch gut in Erinnerung habe und über die ich daher gleich einen Beitrag schreibe. Zu letzterer Gruppe gehört "Wir sind der Iran".
Um was gehts? Ein Fakt, der den meisten nicht bekannt sein dürfte, ist, dass Farsi, die offizielle Sprache des Iran, die vierthäufigste Blogsprache ist. Blogs sind bei Iranern überaus beliebt, vor allem aus dem Grund, da sie häufig die einzige Möglichkeit sind, sich außerhalb der Regierungspresse eine Meinung zu bilden - und selbst seine Meinung zu sagen, auch wenn das Internet zensiert ist und viele Blogger staatliche Repressionen befürchten müssen. Alavi zitiert in diesem Buch aus iranischen Blogs, vor allem von jungen Frauen und Männern, die über Politik, Musik, ihr Land oder ihr Privatleben berichten. Zitierte Passagen wechseln sich ab mit Erklärungstexten, die den Blogzitaten gewissermaßen einen Rahmen geben.
Fazit: Wer etwas über den Iran heute erfahren will, wird mit diesem Buch vielleicht mehr lernen als mit einem reinen Landeskunde-Buch. Die jungen Blogger berichten selbst, subjektiv und authentisch über ihr Land; wütend, traurig, stolz und immer irgendwie poetisch wirken ihre Beiträge. Im Laufe der Lektüre muss man sein Iran-Bild aus den hiesigen Medien wahrscheinlich revidieren, denn die, die hier schreiben, sind keine islamischen Fundamentalisten, keine USA- und Israelhasser, sie sind ganz normale junge Leute, die sich nur die Freiheit wünschen, um ihr Leben nach ihren Vorstellungen gestalten zu können. Natürlich ist es keine "leichte" Lektüre, da man gleichzeitig erfährt, dass schon viele Blogger den Iran verlassen mussten oder im Gefängnis gelandet sind, aber ich würde die Lektüre wirklich jedem ans Herz legen, der sich auch nur ein wenig für den Iran interessiert - und das sollten angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen eigentlich die meisten sein.

ISBN: 3-462-03651-3, Kiepenheuer & Witsch, 387 Seiten, €9,90.

Mittwoch, 24. Dezember 2008

Anmerkungen zu meinen Links, Teil II

Ich merke gerade: Meine Linkliste ist wieder ein ganzes Stück gewachsen, und so möchte ich euch kurz mitteilen, was es mit den neuen Links auf sich hat (das Christkind kommt ja erst in ein paar Stunden):

Filterblog: Jan Filter bloggt hier (vorwiegend) über Politik, und das aus liberaler Sichtweise
Bei Huleeta geht es dagegen überwiegend um Musik.
Die Mädchenmannschaft schreibt angenehm unideologisch über feministische Themen.
passive aggressive notes: Gesammelt werden hier all diese Mitteilungen, die erboste, amüsierte oder wütende Menschen ihren Mitbewohnern, Kollegen oder Nachbarn hinterlassen. Diese sollen entweder beim Sex leise sein, nach dem Klogang spülen oder bitte kein Essen aus dem Kühlschrank klauen. Naja, ich merke: Meine Beschreibung trifft es nicht so ganz, aber wer die genannte Seite besucht, wird schnell sehen, worum es geht (und sich ebenso schnell festlesen).
Qype: Untertitel "Das Beste der Stadt" - so sammeln und bewerten hier die User ihre Erfahrungen mit Friseuren, Zahnärzten, Restaurants und vielem mehr. Quasi ein Web 2.0-Stadtmagazin.
Twitkrit: Ist wohl eher ein Blog für diejenigen, die selbst twittern. Hier werden in irgendeiner Form besondere Tweets gesammelt und kommentiert.

Und auch wenn sie nicht einzeln vorgestellt werden, möchte ich doch noch einmal recht herzlich meine Leseblogger-Kollegen empfehlen, die ich ebenfalls verlinkt habe.
Viel Spaß beim Weiterlesen!

Kein Sterbenswort - Harlan Coben

Dieses Buch hat eine viel zu lange Zeit auf meiner "Unbedingt mal lesen"-Liste ausgeharrt: Zuerst hatte ich davon in Südafrika in irgendeiner Zeitschrift gelesen, da war es gerade erst im Original erschienen und das ist nun auch schon wieder einige Jahr her. Wie das aber so ist mit Notizen, die man nicht wirklich irgendwo sichert: Sie verschwinden. Aber als ich dann neulich mal wieder etwas darüber gelesen hatte, hab ichs mir nun endlich gekauft und innerhalb weniger Tage gelesen.
Um was gehts? David Beck, ein New Yorker Kinderarzt, hat vor acht Jahren seine Frau Elizabeth verloren - sie wurde entführt und ermordet, für die Tat wurde ein Serienkiller verantwortlich gemacht, der seitdem im Gefängnis sitzt. Jetzt, am Jahrestag ihres Verschwindens, bekommt David jedoch eine mysteriöse E-Mail mit Andeutungen, über die eigentlich nur Elizabeth etwas wissen kann. Zuerst glaubt er an einen makabren Scherz, doch er bekommt noch weitere Nachrichten, die ihn schließlich glauben lassen, dass Elizabeth noch lebt und nun mit ihm Kontakt aufnehmen möchte. Jedoch steht auch in den Mails, dass David beobachtet wird und niemandem ein Sterbenswort sagen soll. Er beginnt nachzuforschen, was damals wirklich passiert ist und kommt schließlich einem Geheimnis auf die Spur.
Fazit: Ui, das war spannend! Die richtige Lektüre für die Ferien, wenn man Zeit zum Lesen hat, denn diese Geschichte lässt einen kaum los. Für mich ein richtig guter Krimi, den ich vorbehaltlos empfehlen kann.
Und nun wünsche ich allen meinen Lesern schöne Weihnachtsfeiertage!

Sonntag, 21. Dezember 2008

Änderungsschneiderei Los Milagros - María Cecilia Barbetta

Dieses Mal stelle ich ein Buch für diejenigen vor, die sich auch mal gerne auf Experimente einlassen...
Um was gehts?
Es gibt hier weniger eine Handlung, viel mehr besteht dieser Roman aus verschiedenen Episoden, die in der Vergangenheit oder Gegenwart spielen und das Leben einiger Personen ausschnittweise beschreiben, deren Lebenswege irgendwie in der Änderungsschneiderei Los Milagros in Buenos Aires zusammenlaufen: So ist da die junge Schneiderin Mariana, deren Tante die Schneiderei gehört, oder Analía, die Mathematiklehrerin, die in die Änderungsschneiderei kommt, weil sie das Hochzeitskleid ihrer Mutter ändern lassen will - denn bald heiratet sie Roberto, einen vielversprechenden Bankangestellten. Mariana hat weniger Glück in der Liebe: Ihr Freund Gerardo kam aus einem USA-Urlaub nicht zurück, hat ihr nur drei wenig verbindliche Postkarten geschrieben. Je länger Mariana an Analías Hochzeitskleid arbeitet, desto mehr freunden sich die beiden Frauen an - bis Mariana allmählich erstaunliche Parallelen zwischen ihnen beiden entdeckt.
Fazit: Was mir an diesem Buch so gut gefallen hat, war weniger die Story, die jetzt nicht so spektakulär zu sein scheint, sondern einige andere Dinge: Zunächst muss unbedingt die Ausstattung genannt werden, denn die Geschichte wird durch Bilder und Zeichnungen jeweils am Ende eines Kapitels fantasievoll illustriert. Dazu kommt das Spiel mit Schriftgrößen und -arten sowie mit verschiedenen Satztechniken: So wird beispielsweise ein Dialog zwischen Mariana (die gerade an der Nähmaschine arbeitet) und ihrer Mutter wiedergegeben, die sich über Gerardo unterhalten, während im Hintergrund ein Radio läuft. Dementsprechend ist die Seite in drei Spalten geteilt: Der Monolog der Mutter links, die einsilbigen Antworten Marianas sowie das "tktktktktktktk" der Nähmaschine in der Mitte, das Radio mit einer Reportage übers Bermudadreieck rechts. Das ist außergewöhnlich und macht wirklich Spaß - man muss sich allerdings darauf einlassen. Weiterhin wirklich schön fand ich Barbettas Sprache: Sie verwendet wunderbare Metaphern und Wortspiele, sie "spielt" wirklich mit der Sprache, wenn ich das so ausdrücken soll. Ihr Erzählstil hat es an sich, dass viele Nebensächlichkeiten (die jedoch auch ihren Platz in der Geschichte bekommen) scheinbar unendlich ausgebreitet werden. Wie gesagt: Man muss es mögen, und auch ich war zwischendurch ein klein wenig genervt von einem seitenlangen Dialog bekiffter 20jähriger Jungs, aber der Rest der Geschichte entschädigt dafür.
Es gibt nicht "den" roten Faden, ich glaube, es liegt am Leser, welchen der zahlreichen roten Fäden, die Barbetta auslegt, man aufnimmt, um ihm für den Rest des Buches zu folgen. Und auch, wenn mir das Ende nicht ganz klar geworden ist: Ich kann dieses wirklich schöne Buch wärmstens empfehlen!

S. Fischer Verlag, 329 Seiten, €19,90.

Samstag, 13. Dezember 2008

Mein Blog, visualisiert

Und so schaut es also aus, wenn man dieses Blog als Tag-Wolke gestaltet...

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Bitte um Aufklärung

Wenn der nächste hier auf meinem Blog landet, weil er nach "Diese Dorfbewohner haben keinerlei Manieren" gesucht hat, möge derjenige mich mal bitte aufklären, wieso grade so viele Leute danach suchen? Das ist nämlich so langsam echt mysteriös.

Dienstag, 9. Dezember 2008

Das vertauschte Gesicht - Åke Edwardson

Überrascht hat mich ja wirklich, dass dieses Buch bei amazon so schlecht wegkommt - Zeit, eine positive Rezension zu schreiben, was mir nicht allzu schwer fallen wird.
Um was gehts? Erik Winter, der ehemals jüngste Kriminalkommissar Schwedens, könnte ein paar ruhige Monate gut gebrauchen: Kurz vor der Jahrtausendwende stirbt sein Vater, und seine Freundin Angela erwartet ein Kind. Doch natürlich kommt es anders: Ein Paar wird ermordet in seiner Wohnung aufgefunden. Beide sind nackt und halten sich an den Händen, am Tatort läuft Metal in Endlosschleife, und an die Wand hat der Täter eine seltsame Botschaft geschrieben. Und scheinbar schienen die beiden ihren Mörder zu kennen, schließlich weist die Wohnungstür keine Gewaltspuren auf... Zunächst gibt es keine echten Anhaltspunkte, alle Spuren scheinen irgendwie ins Leere zu gehen, und die wenigen möglichen Zeugen scheinen etwas zu verbergen. Doch als ein zweiter, ähnlicher Mord passiert, wird Winter und seinen Kollegen allmählich klar: Der Täter könnte in den eigenen Reihen zu suchen sein.
Fazit: Ich mag Edwardsons Stil sehr gerne, er erzeugt Spannung weniger durch brutale und blutige Tatortbeschreibungen als durch Andeutungen, unvollendete Sätze und vage Hinweise auf mögliche Täter. Immer wieder werden Innenansichten des Mörders eingewoben, seine Gedanken, Gefühle und Tätigkeiten beschrieben, ohne jedoch zuviel von der Identität preiszugeben. Als ganz aufmerksamer Leser kann man sicherlich den ein oder anderen Hinweis entschlüsseln und so selbst der Lösung auf die Spur kommen.
Zwei kleine Kritikpunkte sollten dennoch nicht verschwiegen werden: Es dauert ein wenig, ehe die eigentliche Handlung in Gang kommt. Zunächst geht es fast ausschließlich um das Privatleben Winters. Es ist sicherlich eine Geschmacksfrage, mich hat das nie gestört, weil es einiges über die Persönlichkeit Winters aussagt - es gibt ja keine Regel, dass es in einem Krimi nur um das Verbrechen und dessen Aufklärung gehen muss, jedenfalls für mich nicht. Wer jedoch einen Krimi lesen möchte, bei dem es gleich zur Sache geht oder wer kein Fan von Nebenhandlungen ist, der sollte lieber die Finger von diesem Buch lassen.
Ein wenig gestört hat mich dagegen das überhastete Ende: Ein, zwei überraschende Wendungen spielen sich sehr gedrängt auf wenigen Seiten ab und man kann sich gar nicht so recht auf das Ende einstimmen, es geht dann alles sehr schnell und abrupt. Dabei hätte der Stoff durchaus noch ein paar Seiten mehr füllen können. Ansonsten gibts für mich nichts zu meckern, wenn man sich die Zeit für die ersten paar Seiten nimmt, sorgt die stetig ansteigende Spannung dafür, dass man das Buch spätestens ab der Hälfte nicht mehr aus der Hand legen kann.

Originaltitel: Sol och skugga, 448 Seiten, List Taschenbuch, €8,95.

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Regen am Kaspischen Meer - Gina Nahai

Um was gehts? Bahar, ein 16jähriges Mädchen aus einem armen jüdischen Elternhaus in Teheran, zwingt auf ihrem Weg zur Schule den Chauffeur einer schicken Limousine zur Vollbremsung. Auf der Rückbank sitzt Omid, der gerade von seiner standesgemäßen Verlobten sitzengelassen wurde. Als er nun Bahar sieht, die so unkompliziert und unbekümmert wirkt, weiß er: Dieses Mädchen wird seine Frau werden! Gegen den Widerstand seiner Eltern, die auf Bahar und ihre Familie herabsehen, heiraten die beiden, und Bahar kann ihr Glück zunächst kaum fassen: Sie ist endlich der Armut und der Hoffnungslosigkeit ihres Elternhauses entkommen, und nun träumt sie von einer gleichberechtigten, glücklichen und vor allem sorglosen Partnerschaft. Doch Omid hat andere Pläne: Bahar soll zu Hause bleiben, ihm einen Sohn schenken und ihn als repräsentative Ehefrau auf Partys begleiten. Zunächst widersetzt sich Bahar ihm: Sie möchte studieren und Lehrerin werden, und in den gehobenen Kreisen, in denen sich ihr Mann bewegt, fällt sie unweigerlich als das arme Mädchen auf, die keine Manieren gelernt hat und wird dadurch von den anderen Frauen geschnitten. Bahar und Omid entfremden sich zunehmend, zumal Omid bald nach der Hochzeit eine Geliebte hat, mit der er sich auch öffentlich zeigt. Auch die Hoffnung auf Besserung, als Tochter Yaas auf die Welt kommt (die gleichzeitig die Ich-Erzählerin ist), wird schließlich enttäuscht...
Fazit: Auf den ersten Seiten könnte man "Regen am Kaspischen Meer" für einen schönen, wenig anspruchsvollen Frauenschicksals-Schmöker halten: Es entwickelt sich die klassische Geschichte des armen Mädchens, das ihren reichen Märchenprinz heiratet und nach einigen Hindernissen mit ihm glücklich und zufrieden lebt. Doch als klar wird, dass alle Hoffnungen Bahars enttäuscht werden, ändert sich auch der Stil des Buches: Die Handlung wird gerafft, es werden Zeitsprünge von teilweise einigen Jahren gemacht, was allzu deutlich die Hoffnungs- und Trostlosigkeit in der Familie unterstreicht. Hoffnungen, Wünsche und Träume sind ein immer wiederkehrendes Motiv, meist in der Form, dass sie enttäuscht werden. Das Buch ist voll von Figuren, die immer wieder scheitern, manche geben die Hoffnung trotzdem nie auf - und wirken dadurch schon fast lächerlich - manche finden sich irgendwie mit dem Leben am Rande der Gesellschaft ab oder resignieren ganz einfach. Und natürlich klagt dieses Buch die uralten Traditionen und Rollenvorstellungen an, die nahezu alle Charaktere letzten Endes unglücklich machen.
Etwas irreführend war allerdings, dass auf dem Klappentext auf die politische Lage - Stichwort islamische Revolution - eingegangen wird, die jedoch im Buch selbst nur auf einer Seite erwähnt wird. Was den Menschen ihr Leben hier zur Hölle macht, sind weniger die politischen Umstände, wie man denken könnte, sondern die gesellschaftlichen Traditionen und Zwänge.
Trotz der düsteren Stimmung hat mir das Buch aber gut gefallen.

Originaltitel: Caspian Rain, 317 Seiten, marebuchverlag, €19,90.
 
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